Einleitung

Venöse Zugangssysteme sind essenziell in der modernen Medizin, insbesondere in Onkologie, Intensivmedizin, Palliativversorgung und bei chronischen Therapien. Die Wahl des passenden Systems – sei es ein implantierbares Portsystem, ein zentraler Venenkatheter (ZVK) oder eine peripher eingeführte zentralvenöse Katheterleitung (PICC) – beeinflusst nicht nur Komfort und Mobilität der Patient:innen, sondern auch Komplikationsrisiko, Lebensqualität und Gesundheitskosten.

Im Folgenden werden Unterschiede, Vorteile und Komplikationen dieser Systeme wissenschaftlich fundiert gegenübergestellt.

Tabelle: Arten venöser Zugangssysteme

System Definition & Technik übliche Indikationen & Anwendungsdauer
System Definition & Technik übliche Indikationen & Anwendungsdauer Portsystem / TIVAP (Total Implantable Vascular Access Port) Unter die Haut implantierte Kammer („Port“) verbunden mit einem Katheter, der in eine zentrale Vene reicht (z. B. obere Hohlvene). Zugang über spezielle Punktionsnadel. (1, 2) Besonders geeignet für langfristige Therapien wie Chemotherapie, parenterale Ernährung, regelmäßige Blutentnahmen. Vorteile: weniger äußerlich sichtbare Komponenten; Alltag weniger eingeschränkt. (1, 3, 4)
PICC (Peripherally Inserted Central Catheter) Katheter wird über eine periphere Vene, typischerweise am Arm, eingeführt und bis in eine zentrale Vene vorgeschoben. Fixierung an der Haut. (1, 2, 3) Anwendung z. B. bei mittelfristiger Therapie über Wochen bis Monate, wenn zentrale Zugänge gewünscht sind, aber Implantation invasiver Systeme vermieden werden sollen. (1, 5)
Zentraler Venenkatheter (ZVK) Katheter wird direkt in eine zentrale Vene gelegt, z. B. V. jugularis, V. subclavia oder V. femoralis. Kann getunnelt oder nicht-getunnelt sein. (2, 6) Kurz- bis mittelfristige intensive Therapien, z. B. auf Intensivstationen, bei instabilen Patienten, Gefahr von peripheren Gefäßschäden. Wenn Kommunikation mit zentralen Gefäßen notwendig ist (z. B. zur Messung des zentralvenösen Drucks). (2, 4, 6)

Tabelle: Vergleich der Vorteile & Nachteile

Kriterium Portsysteme PICCs ZVKs
Komplikationsrate (Infektionen, Thrombosen, mechanische Probleme) Laut Meta-Analysen und Studien geringere Infektions- und Komplikationsraten insgesamt im Vergleich zu PICCs und nicht-getunnelten ZVKs. (4) Höhere Thromboserate als bei Ports; moderate Infektionsraten; Risiko anfällig für Okklusion oder mechanische Probleme (z. B. Dislokation) höher als bei Ports. (2, 4, 7) Nicht-getunnelte ZVKs oft mit dem höchsten Risiko für Infektionen und Komplikationen; getunnelte ZVKs besser, aber mit begrenzten Vorteilen gegenüber Ports, insbesondere bei Langzeitanwendung. (3, 4, 6)
Lebensqualität & Patient:innenkomfort Positiv bewertet: weniger sichtbare externe Komponenten, mehr Mobilität, geringere psychosoziale Belastung im Alltag. (4, 8) Noch sichtbar, Fixierung nötig; das Handling und Pflege des äußeren Katheters kann als belastender empfunden werden. (1, 4) Äußerer Zugang, oft weniger Komfort, potentiell höheres Störgefühl und Einschränkungen im Alltag, besonders bei Nichtgetunnelten. (6, 7)
Kosten & Ressourcenaufwand Höhere initiale Kosten für Implantation; aber über längere Liegezeiten können Kosten pro Tag gegenüber anderen Systemen günstiger sein. Weniger Wechsel nötig. (4) Geringere Initialkosten als Portimplantation; häufigere Wartung, Pflege und ggf. biologisch höhere Komplikationsraten erhöhen mittelfristig Aufwand/Kosten. (4) Je nach System und Setting (Station vs. ambulant) können Kosten stark variieren; Nichtgetunnelte Systeme billiger in der Anschaffung, aber potenziell teuer bei Komplikationen.

Risiken & Herausforderungen

  • Infektionen: Zentralvenöse Zugänge bergen insbesondere das Risiko von CLABSI (“central line-associated bloodstream infection”). Ports haben in vielen Studien die niedrigsten Raten. (4, 7)
  • Thrombosen & Gefäßkomplikationen: PICCs sind in mehreren Metaanalysen mit höheren Thromboseraten assoziiert. (4, 7)
  • Mechanische Probleme: Dislokation, Brüche, Okklusionen sind besonders bei externen Kathetern bzw. längeren äußeren Segmenten häufiger.
  • Platzierung und Zugangsweg: Der Zugangsweg beeinflusst Komplikationen – z. B. Unterschiede zwischen Zugängen über V. subclavia, V. cephalica und V. jugularis. Eine Studie zur Komplikations- und Funktiondauer von Portsystemen fand, dass Zugangsweg Unterschiede in frühen Komplikationen und Revisionen zeigt, jedoch keine signifikanten Unterschiede in der langfristigen Funktion. (9)

Wissenschaftliche Evidenz: Meta-Analysen und Leitlinien

  • Eine Meta-Analyse (BD IV News) zeigt: TIVAPs haben eine insgesamt geringere Komplikationsrate als PICCs und getunnelte oder nicht-getunnelte ZVKs. (4)
  • Systematische Übersichten vergleichen PICCs, Hickman-Katheter und Ports bei Krebspatient:innen; Ports schneiden hinsichtlich Komplikationen und Lebensqualität meistens am besten ab. (7)
  • Leitlinien wie Onkopedia oder Hygienerichtlinien des RKI betonen Reinigung, aseptische Technik, Verbandwechsel und Dokumentation, besonders bei zentralvenösen Systemen. (2, 3, 10)

Fazit & Empfehlungen

Für Therapien mit hoher Dauer (z. B. Chemotherapie über Monate, regelmäßige intravenöse Zugänge) sind Portsysteme oft die beste Wahl hinsichtlich Sicherheit, Komfort und langfristigem Kosten-Nutzen-Verhältnis. PICC-Lines hingegen bieten eine weniger invasive Alternative, sind jedoch mit höheren Risiken für Thrombosen und Infektionen verbunden und erfordern sorgfältige Pflege und Überwachung. ZVKs, insbesondere nicht-getunnelte, eignen sich im Gegensatz dazu vor allem bei kurzfristigen intensivmedizinischen Einsätzen; getunnelte ZVKs sind besser kontrollierbar, insbesondere bei mittelfristiger Nutzung.

Die Entscheidungsfindung sollte immer individuell sein – basierend auf Patient:innenfaktoren (Venenstatus, Mobilität, Komorbiditäten), Therapiedauer, Umfeld (ambulant vs. stationär) und vorhandenen Ressourcen für Pflege und Pflegeaufwand.

Quellen:

(1) Universitätsklinikum Freiburg. (2023). Portanlagen – Interventionelle Radiologie. Abgerufen am 25. September 2025, von https://www.uniklinik-freiburg.de/english/interventionelle-radiologie/leistungsspektrum/angiologie/port-anlagen.html

(2) Myelom.Online e. V. (o. J.). Unterschiede der venösen Zugänge. Abgerufen am 25. September 2025, von https://myelom.online/multiples-myelom-informationsmaterial/multiples-myelom-basis-infos/fachbegriffe-blutwerte/unterschiede-der-venoesen-zugaenge/

(3) BVMed – Bundesverband Medizintechnologie e. V. (o. J.). Venöse Zugänge – Einsatz, Auswahl, Unterschiede, Infektionsvermeidung. Abgerufen am 25. September 2025, von https://www.bvmed.de/themen/krankenhaus/venoese-zugaenge

(4) BD Becton Dickinson. (2022a). Chemotherapie: Wie schneiden total implantierbare Portsysteme (TIVAPs) im Vergleich zu anderen zentralvenösen Kathetern (ZVK) ab? Abgerufen am 25. September 2025, von https://eu.bd.com/iv-news/de/nachrichten-innovationen/chemotherapie-wie-schneiden-total-implantierbare-portsysteme-tivaps-im-vergleich-zu-anderen-zentralvenoesen-kathetern-zvk-ab/

(5) BD Becton Dickinson. (2022b). PICC, Port oder Hickman: Treffen Sie die richtige Wahl in Sachen Onkologie. Abgerufen am 25. September 2025, von https://eu.bd.com/iv-news/de/veranstaltungen-schulung/picc-port-oder-hickman-treffen-sie-die-richtige-wahl-in-sachen-onkologie/

(6) MSD Manuals. (2023). Gefäßzugänge – Behandlung von Intensivpatienten. Abgerufen am 25. September 2025, von https://www.msdmanuals.com/de/profi/intensivmedizin/behandlung-von-intensivpatienten/gef%C3%A4%C3%9Fzug%C3%A4nge

(7) BD Becton Dickinson. (o. J.). PICC-Zugang oder Portkatheter: Welcher eignet sich besser für Krebspatienten? Abgerufen am 25. September 2025, von https://eu.bd.com/iv-news/de/veranstaltungen-schulung/picc-oder-port-welches-system-waehlt-man-fuer-patienten-mit-einer-krebserkrankung-2/

(8) Die Praxisanleitung. (2019, 24. Oktober). Umgang mit Portsystemen / Portversorgung. Abgerufen am 25. September 2025, von https://www.die-praxisanleitung.de/allgemein/umgang-mit-portsystemen-portversorgng/

(9) Vetter, N., Koscielny, A., Schäfer, N., Kalff, J. C., & Standop, J. (2013). Komplikationen und Funktionsdauer intravenöser Portkathetersysteme in Abhängigkeit des Zugangswegs. Gefässchirurgie, 18, 708–713. https://doi.org/10.1007/s00772-013-1260-3 

(10) Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO). (2023). Partiell implantierte zentralvenöse Katheter. Onkopedia Leitlinien. Abgerufen am 25. September 2025, von https://www.onkopedia.com/de/onkopedia-p/guidelines/partiell-implantierte-zentralvenoese-katheter